Vorsicht Falle! Grobe Fahrlässigkeit nach neuem Versicherungsrecht

Fachanwalt für Verkehrsrecht Dr. Christian Pfennig in der NB vom 20.06.2010

Im Kaskoversicherungsrecht ist § 61 VVG Versicherungsvertragsgesetz (Der Versicherer ist von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeiführt.) durch § 81 VVG-E (neue Fassung) ersetzt worden. Diese neue Vorschrift setzt das Grundprinzip der VVG-Reform, die Abkehr vom „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ um. Während es bezüglich Vorsatzes bei der vollen Leistungsfreiheit des Versicherers bleibt, ist nun bei „grober Fahrlässigkeit“ die Versicherungszahlung entsprechend der Schwere des Verschuldens zu kürzen. In der Praxis haben sich bislang Kürzungsquoten um 25 – 50 oder 75 % für leichte, mittlere oder schwere grobe Fahrlässigkeit durchgesetzt. Diese verbraucherfreundliche Reform birgt aber auch Gefahren in sich.

Beispielsweise wird bei einem Rotlichtverstoß oder Überfahren eines Stopp-Schildes regelmäßig „grobe Fahrlässigkeit“ mit der Folge von Leistungsfreiheit angenommen. Liegt aber einfacher Rotlichtverstoß vor (Mitzieheffekt bei Verwechseln der Ampelanlage) dürfte von einfacher Fahrlässigkeit ausgegangen werden.

Kaskoversicherer bieten im Einzelfall nun in solchen Fällen an, sich „großzügig“ sich zu verhalten und dem Versicherungsnehmer eine Quotelung (beispielsweise von 50 %) anzubieten, der ist nun froh, überhaupt eine Zahlung zu erhalten.

Fakt ist aber, dass bei einfacher Fahrlässigkeit in jedem Fall im Rahmen der Vollkaskoversicherungsbedingung eine 100 %ige Leistung (unter Berücksichtigung einer Selbstbeteiligung) erfolgen muss. In der neuen Regelung liegt somit eine Leistungsfalle zu Lasten des Versicherungsnehmers, wenn dieser seine Rechte nicht kennt. Da es sich bei dem Kaskovertrag um eine vertraglich vereinbarte Versicherung handelt, kann mit dem Versicherer auch vereinbart werden, dass „auf die Einrede der groben Fahrlässigkeit“ verzichtet wird.