Kuriose Testamente
In der Welt der Testamente begegnen uns Geschichten, die in ihrer Kuriosität und Originalität nicht selten die Grenzen des Erwartbaren überschreiten. Eine der bekanntesten Anekdoten dieser Art stammt von William Shakespeare, dem unvergleichlichen Meister der Worte, der seiner Frau Anne Hathaway in seinem Testament lediglich sein „zweitbestes Bett“ hinterließ. Diese spezielle Erwähnung lässt Raum für allerlei Spekulationen und Interpretationen. War es eine letzte Liebesbekundung oder eine subtile Herabwürdigung? Die Wahrheit hinter dieser testamentarischen Verfügung mag für immer im Dunkeln liegen, doch sie illustriert eindrucksvoll, wie ein letzter Wille weit mehr sein kann als eine bloße Aufteilung des irdischen Besitzes.
Die aktuelle deutsche Rechtsprechung hält in diesem Kontext ebenfalls einige bemerkenswerte Fälle bereit, die zeigen, dass die Errichtung eines Testaments durchaus kreative und unkonventionelle Züge annehmen kann, ohne dass dies zwingend zu seiner Unwirksamkeit führt. Ein illustratives Beispiel hierfür lieferte das Oberlandesgericht Oldenburg mit einem Urteil aus dem Jahr 2023. Im Mittelpunkt stand der Fall eines Gastwirts aus Ostfriesland, dessen „letzter Wille“ auf einem Kneipenblock verfasst und hinter der Theke seines Lokals gefunden wurde. Die Notiz, die seine Lebensgefährtin mit ihrem Spitznamen als Alleinerbin benannte, wurde vom Nachlassgericht zunächst angezweifelt und ein Erbschein abgelehnt.
Doch die detaillierte handschriftliche Notiz zusammen mit überzeugenden Zeugenaussagen ließ das Oberlandesgericht schlussendlich zu einer anderen Beurteilung und damit zur Anerkennung des Testaments kommen. Dieser Fall betont eindrucksvoll, dass der Testierwille und die klare Bestimmung der Erben ausschlaggebend sind – unabhängig von der Form, in der dieser Wille zum Ausdruck kommt, wobei natürlich zumindest eine eigenhändig verfasste handschriftliche Verfügung erkennbar sein muss; Testamente auf Computer oder mit der Schreibmaschine sind unwirksam. Mündliche Testamente vor Zeugen sind nur in extremen Ausnahmesituationen zulässig.
Pressemitteilung OLG Oldenburg v. 13.03.2024
Einen ähnlich bemerkenswerten Fall verhandelte das Oberlandesgericht Braunschweig. Hier wurde entschieden, dass selbst ein Testament, das lediglich auf einem unscheinbaren Zettel verfasst wurde, seine Gültigkeit behalten kann, solange die Absichten des Erblassers klar erkennbar sind. Auf einem wenige Zentimeter großen Notizzettel hatte die Erblasserin verfasst:
Wenn sich für michA… [Vor- und Nachname]geb. … [Geburtsdatum]einer findet, der fürmich aufpasst undnicht ins Heim stecktder bekommt meinHaus und alles wasich habeA… [Unterschrift mit Vor- und Nachnamen]
OLG Braunschweig: Zetteltestament
Noch weiter ging das Oberlandesgericht Köln in seiner Entscheidung, die besagte, dass bei einem Vermögen von fast einer halben Million Euro ein Testament, das mit einem Filzstift auf eine Tischplatte geschrieben wurde, ebenfalls wirksam sein kann. Diese Fälle verdeutlichen, dass das deutsche Erbrecht einen pragmatischen Ansatz verfolgt, bei dem der eindeutige Wille des Erblassers und die Identifikation der Erben im Vordergrund stehen, selbst wenn die Umstände der Testamentserrichtung ungewöhnlich erscheinen mögen.
Diese Beispiele aus der deutschen Rechtsprechung zeigen eindrücklich, dass das Erbrecht Raum für Individualität und persönliche Gestaltung lässt. Die testamentarische Praxis erweist sich als ein Feld, auf dem juristische Normen und menschliche Kreativität aufeinandertreffen. So können selbst ungewöhnliche Testamente eine gültige und rechtswirksame letzte Willenserklärung darstellen, solange sie den eindeutigen Willen des Erblassers reflektieren und die Erben klar identifizieren. Dies öffnet die Tür für eine Vielzahl von testamentarischen Gestaltungen, die so einzigartig sind wie die Menschen, die sie hinterlassen.
Zum Abschluss noch einmal ein Literat:
Eine weitere Kuriosität liefert das Testament des deutschen Dichters Heinrich Heine. Er vermachte sein gesamtes Vermögen seiner Frau, allerdings unter der Bedingung, dass sie wieder heirate, damit „es wenigstens einen Mann gibt, der meinen Tod bedauert“